Predigt Lc 11, 5 – 13

Liebe Brüder und Schwestern,
für diesen Gottesdienst habe ich einen Text über ein Gebet ausgewählt, über die Notwendigkeit zu beten. Vielleicht finden wir in ihm ein gemeinsames Thema, eine gemeinsame Aufgabe.

Das Gleichnis Jesu klingt so, als ob das Hauptthema eine Anstrengung wäre. Indem es alles beweist. Und vielleicht wäre dem so, wenn hier das Gleichnis nicht etwas Weiteres enthielte und wenn hier nicht noch weitere Worte wären, dem Gleichnis beigefügte Worte über bittende Kinder und der Ausklang dieser Worte.

Halten wir uns also an die Erzählung: Gott ist wie ein befreundeter Nachbar, der zu Bett ging. Der Freund Gott ist so grundsätzlich, dass mit ihm die Geschichte beginnt, er ist allem voran gesetzt, wir erfahren von ihm früher, ehe das Thema auf die Bitte kommt. Es ist Nacht und einkaufen kann man nicht mehr. Und es kommt ein anderer Freund. Wer ist dieser Freund? Es scheint, dass dies sicherlich jeder sein kann, irgendein anderer Mensch. Und du hast kein Brot. Du hast nichts, womit du ihn bewirten würdest, was du ihm anbieten würdest.

Brot ist in der Schrift gleich einem Symbol. Und es ist ein uraltes Symbol. Brot ist das, was gegeben ist, was man ganz von alleine gibt – es ist, bereits im alten Testament, Leben, welches man leben konnte statt seinem Leben, welches uns gegeben wurde wie Nahrung für unser Leben – zermahlenes Korn. Brot ist ein Symbol der Gleichheit unter den Menschen, sozialer Gerechtigkeit unter den Menschen. Und schließlich, als stärkstes Symbol – Brot ist das, dem sich Christus selbst vergleicht – gebrochenes Brot beim Abendmahl – , Jesu Tod, Jesu Hingabe, das Symbol der Verzeihung, die gegenseitige Beseitigung der Barrieren zwischen den Menschen und den Menschen und Gott und von daher des gemeinsamen Seins. Brot ist schlechthin Grundnahrungsmittel und deshalb auch das allererste und elementarste Symbol und somit der wichtigsten und tiefsten Dinge des menschlichen Seins. Die Bitte um Brot ist keine überflüssige Bitte. Wenn ich kein Brot habe, dann ist das tragisch, und wir in unseren Beziehungen zu anderen Menschen pflegen oft kein Brot zu haben. Das ist so, dass man sogar nicht einmal davon spricht.

Und trotzdem kommt der Freund – es ist ein Freund, immer ein Freund, es ist nicht irgendeine Horde, sondern es ist immer einer und ein konkreter. Und diesem konkreten ist es notwendig zu begegnen, ihm zu Essen zu geben.

Die Bitte, mit der er zum Freund Gott kommt, ist ganz in dieser Relation angelegt, in dieser Beziehung – das Brot ist für den Freund, der kam. Man wünscht nicht, man bittet um nichts, was man selbst braucht, aber um das, was der Freund braucht, der kam. Man bittet um das, was man selbst nicht hat und selbst nicht haben kann und was wirklich Mangel ist, der Grund für Tod, ich hätte keine Angst zu sagen, Hungertod, Beziehungstod. Ohne Brot zu sein ist es nicht, warum der Freund auf dem Wege bei mir anhielte. Er verirrt sich irgendwo in der Nacht und ich werde ihm nie mehr begegnen. Darum wecken wir in der Nacht den Freund Gott.

Der Brote sind es drei, um derer man bittet. Auch die Zahl drei ist symbolisch. Heute ist der Dreifaltigkeitssonntag, also die Zahl drei passt gut. Wir bleiben dabei, dass die Drei eine Zahl realer Beziehungen ist. Die Dreieinigkeit Vater, Sohn und Heiliger Geist spricht vor allem über die Beziehung zu uns. Und so wie es drei Personen in dem Gleichnis sind – Freund Gott, der Freund Ankömmling und der um das Brot ersuchende Bittsteller – sind es hier drei Brote. Etwa so, liebe Freunde, wie man in alten Zeiten einen weiteren Teller für den ankommenden Herrn Jesus Christus auf den Tisch gestellt hat.

Es mag uns seltsam erscheinen, dass der Freund Gott in diesem Gleichnis schläft und sich nicht wecken lassen will. Es mag uns seltsam erscheinen, dass der, der pausenlos wirkt, auf einmal ein Ofenhocker ist, der nicht öffnen und weiter schlafen will. Mit seinen Kindern liegt er auf dem Ofen und du bist draußen vor seinem Haus.

Aber wenn du anklopfst, dabei bleibst, nicht aufhörst, wenn du das ernst meinst – und darin ist es vermutlich notwendig, sich in Beständigkeit zu üben, dann wird er sicher öffnen und du bekommst die drei Brote. Die Kralitzer übersetzen dies schön: Ich aber sage Euch: Und er wird ihm nicht geben und aufstehen, nur weil er sein Freund ist, jedoch für seine Ungezogenheit ist er aber aufgestanden, gibt ihm, wie viel auch immer er benötigt. Es ist notwendig, darin unartig zu sein, zu ärgern, sich darum zu streiten. Gerade aber um dieser grundlegenden, unabdingbaren Sache willen, ist unsere Ungezogenheit notwendig.

Und dann fährt Jesus fort mit seinen bildhaften Äußerungen über Väter und Kinder. Gäbe es unter Euch einen Vater, welcher seinem Sohn eine Schlange gäbe, wenn dieser ihn um einen Fisch bittet? Oder gäbe er ihm einen Skorpion, so er um ein Ei bittet?

Ihr wisst, mit den Kindern und mit uns ist das im Verhältnis zu unserem Herrn ebenso, dass wir in der Lage sind, uns statt Brot Steine in den Mund zu schieben, statt Fischen Schlangen und anstelle von Eiern giftige Skorpione. So ungefähr sehen oft unsere Bitten aus. Und von Schlangen träumen wir dann, dass sie uns wunderbare Verständnisfähigkeiten bringen, und von Skorpionen, dass sie uns mit ihrem Gift gesunden. Und solche Bitten erfüllt so Gott wirklich nicht, wie wir diese unseren Kindern nicht erfüllen würden und unseren Kindern Steine und jederlei Hühnermist, den sie fertig bringen, sich in den Mund zu stecken, schnell aus dem Mund herausnehmen, obgleich sie dabei unzufrieden schreien werden.

Gott gibt keine bösen Gaben, sondern immer die guten, und wir, obwohl wir arg sind, geben unseren Kindern auch keine bösen Sachen. Er gibt uns ganz sicher das, was wir benötigen.

Und das, was wir benötigen, ist der Heilige Geist. Damit beendet Jesus diesen Abschnitt. „So denn ihr, die ihr arg seid, könnet euren Kindern gute Gaben geben, wieviel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten!“

Das, was Gott gibt, wofür es sich gehört, sich zu bemühen, ist eigentlich das Einzige, was er gibt, aber auch das Einzige, wofür es Sinn macht, sich zu bemühen, das ist der Heilige Geist. Darum beten wir.

Ich will mich nicht negativ abgrenzen, und deshalb lasse ich bewusst die Schilderung von all dem weg, was Menschen mit dem Heiligen Geist verbinden. Es bleibt nur zu sagen, dass dies dann doch allerlei Schlangen und Skorpione sind, die diese sich in den Mund stecken würden, so dass irgendwelche Reden, um nicht zu sagen Küsse von solchen, gewissermaßen giftig und Gift von Skorpionen wären.

Was ist das, der Heilige Geist, wer ist das, der Heilige Geist? Versuchen wir eine Definition, sofern man vom Heiligen Geiste eine Definition machen kann. Und ich leihe mir dazu das Vokabular unseres beliebten Martin Buber aus: Der Heilige Geist ist die Gegenwart Gottes, die unbegrenzte und unbedingte Wechselbeziehung, in der nichts und niemand erkennt, nicht erkennt im Sinne vergangener Erfahrungen, und doch alles kennt, Gottes Gegenwart, in der aus Wörtern der Verurteilung Wörter der Gnade werden, aus moralistischen Wörtern Wörter des Weges, aus feindseligen Wörtern Wörter offener Herzen. Gottes Gegenwart, in welcher aus allen Unmöglichkeiten, die wir gegenseitig um uns wie Burgwälle gegeneinander auftürmen, uneingeschränkte Möglichkeiten werden. Aus unüberwindbaren Hindernissen Wege der Begegnung. Aus zeitlichen Begrenztheiten, in denen alles augenblicklich Vergangenheit ist, Augenblicke der Ewigkeit, also wahre Werte und Beständigkeiten.

Das ist der Heilige Geist, das sind sie die drei Brote, um die wir bitten, anklopfen an die zugesperrten Türen im Dunkeln und im Unvermögen. Das sind sie die drei Brote, um die man bitten soll.

Betet! Bittet, und Euch wird gegeben; suchet, und Ihr werdet finden; klopft, und Euch wird aufgetan. Denn jeder, der bittet, bekommt, und wer sucht, der findet, und wer klopft, dem wird aufgetan.

Amen